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Was genau verbirgt sich hinter diesem Namen?

Die Aktion Rose war eine Maßnahme der DDR-Regierung zur Verstaatlichung von Hotels, Pensionen, Erholungsheimen und anderen Dienstleistungsbetrieben des touristischen Sektors. Anfang der 50er Jahre lag der private Anteil in Handwerk und Dienstleistungen noch immer bei fast 70 Prozent. Dies zu ändern hatte die SED-Parteikonferenz im Juli 1952 beschlossen, die kapitalistischen Produktionsverhältnisse wurden seither mehr und mehr beschnitten, Privatbetriebe mit allerlei Schikanen belegt. Der Schwerpunkt, der von Februar bis März 1953 durchgeführten Enteignungsaktion, lag an den Badeorten der Ostseeküste und betraf vor allem die Inseln Rügen und Usedom. Dabei wurden die Zwangsenteignungen mit dem Vorwand angeblicher Verstöße gegen das „Gesetz zum Schutz des Volkseigentums und anderen gesellschaftlichen Eigentums“ (VESchG) begründet und brachten 447 Unternehmerinnen und Unternehmer zu Unrecht in Untersuchungshaft. Die Aktion Rose wurde bereits seit Jahresbeginn 1953 akribisch vorbereitet und die 400 eingesetzten Polizisten im Vorfeld entsprechend geschult. Die Justiz der DDR wollte mit schnellen Strafverfahren und abschreckenden Zuchthausstrafen für die Mittelständler der Ostseeküste ein Exempel statuieren, um die Überführung von Betrieben in Volkseigentum zu beschleunigen.

Der Befehl zur Durchführung der Aktion Rose im Wortlaut: „Im gesamten Küstengebiet der DDR findet in der Zeit vom 10.2. bis 10.3.1953 eine Überprüfung sämtlicher Besitzer und Pächter von Hotels und Pensionen statt. Es liegen Hinweise vor, dass von diesen Besitzern seit Jahren ständig gegen die Gesetze der DDR verstoßen wird. Diese Verstöße finden ihren Ausdruck in dem Verkauf von illegal eingeführten Westwaren, Verkauf von bezugsbeschränkten Waren ohne Markenabgabe zu überhöhten Preisen, in Wirtschaftsverstößen schlechthin. Darüber hinaus besteht der begründete Verdacht, dass die Besitzer dieser Hotels und Pensionen mit den Agentenzentralen des amerikanischen Imperialismus in Westberlin und Westdeutschland in Verbindung stehen und für dieselben arbeiten.“

zeitliche Einordung: Zwischen 1948 und 1958 gab es in der SBZ/ DDR Bezugsmarken für den Bezug von Lebensmitteln und Konsumgütern. Die Preise für alle Waren und Dienstleistung wurden staatlich reguliert.

Insgesamt wurden durch die sechs Einsatzgruppen der Volkspolizei 711 Hotels, Pensionen und Gaststätten durchsucht. Von den durchsuchten Objekten wurden 440 Hotels und Pensionen enteignet sowie 181 Wirtschaftsbetriebe, Gaststätten und Wohnhäuser beschlagnahmt.

Ein DDR-Rundfunkkommentar berichtete am 27. Februar 1953 wie folgt: „Die Arbeiterklasse der Deutschen Demokratischen Republik…kann und wird dem Treiben solcher Ratten wie der jetzt Inhaftierten nicht untätig zusehen; sie macht Schluss damit, indem sie Hotels und Pensionen, in denen bisher die Arbeiter betrogen wurden, in Volkseigentum überführt und in Heime verwandelt.“

Nach den Ereignissen rund um den 17. Juni 1953 wurden die meisten Inhaftierten im Rahmen des „Neuen Kurses“ bis Anfang 1954 freigelassen.

Viele Rüganer, auch SED-Mitglieder, forderten nachdrücklich eine Rückkehr und vollständige Rehabilitierung der Inhaftierten. In Baabe übergab der Bürgermeister Enteigneten eine Bescheinigung, dass „sie anständige Menschen seien und sich in der Gemeinde einwandfrei benommen hätten“.

Die eigentliche Linie der Partei orientierte jedoch allenfalls auf eine „kosmetische Korrektur“, nicht auf eine wirkliche Rehabilitierung.

Der Abschlussbericht der Einsatzleitung „Rose“ listet die Gewinne auf:

  • 621 Objekte im Wert von ca. 30 Millionen Mark wurden beschlagnahmt,
  • darunter 440 Hotels und Pensionen,
  • über 100 Kraftfahrzeuge,
  • 2 Millionen Mark aus eingezogenem Bargeld, Schmuck und von Konten, insgesamt also rund 32 Millionen Mark.

In der Folge wurde

  • Baabe Erholungsort des Ministeriums für Staatssicherheit,
  • in Sellin breitete sich das Ministerium des Inneren aus,
  • Göhren wurde fortan stark geprägt von der Kasernierten Volkspolizei.

Der FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) kam auf Rügen erst in den Folgejahren stärker zum Zuge.

Einen Gedächtnisbericht über die turbulenten Ereignisse des Jahres 1953 verfasste die Göhrener Zeitzeugin Gisela Hoth 50 Jahre nach den Geschehnissen:

Gedächtnisbericht von Gisela Hoth – Göhren, 2003

Diesen Bericht schreibe ich so, wie ich diese Zeit erlebt habe. Im Februar 1953, es war ein kalter, schneereicher Winter, begann es. Ich war in dieser Zeit wegen einer Grippe ein paar Tage zu Hause.

Mein Vater kam eines vormittags mit der Schreckensmeldung nach Hause, dass 80 Kriminalbeamte nach Göhren gekommen wären und Hausdurchsuchungen durchführten.

Soweit ich mich erinnern kann, fingen sie in den größten Häusern an. In jedem Haus, in dem sie waren, wurde der Besitzer verhaftet. Später sickerte durch, aus welchen Gründen.

Bei unserer Nachbarin, Frau Werner aus dem Kurhaus Strandhotel, fanden sie Medikamente und einige andere Artikel aus Westberlin. Das wurde als Devisenschiebung gewertet. Heute weiß man, dass nach Vorwänden gesucht wurde, um die Eigentümer verurteilen und enteignen zu können.

Zum Beispiel erzählte mir eine Mieterin aus Haus Granitz, dass sie im Keller des Hauses ein kleines Fass voller Salzheringe hatte und der Besitzer einen kleinen Steintopf voller Heringe.

Bei der Hausdurchsuchung stürzten sich die Beamten auf das kleine Fass und winkten ab, als sie erfuhren, dass es der Mieterin gehört. Das interessierte überhaupt nicht, aber der kleine Steintopf (des Hausbesitzers) wurde beschlagnahmt.

Meine Eltern waren voller Sorgen, jeden Morgen hielten wir den Atem an, wenn bis um 9 Uhr morgens keine Kripo auftauchte, war man für einen Tag gerettet.

In dieser Zeit durchsuchten wir unser Haus selbst nach Dingen, die man nicht haben durfte. Mein Vater war Installateur, hatte vor dem Krieg eine eigene Werkstatt und demzufolge hatten sich Metallrohre und Teile aus Buntmetall, wie Wasserhähne, Bleileitungen, Teile aus Kupfer usw. angesammelt. Es gab schon vorher einen Befehl, dass alles Buntmetall abgeliefert werden musste. Mein Vater hatte auch das meiste abgeliefert. Aber bei unserer gründlichen Suche fanden wir im Keller, auf dem Boden, in der Scheune, einfach überall etwas. Zusammengetragen auf einen Haufen war es eine ganze Menge. Im Garten war eine Silogrube, dort hinein versenkte mein Vater alles. In der Nacht darauf schneite es, das Buntmetall war erst einmal unsichtbar.

Inzwischen war ich wieder gesund und arbeitete wieder. Als Dekorateurin war ich bei den damaligen Verkehrsverhältnissen oft 2 – 3 Tage unterwegs. So war es auch damals. Ich kam von solcher Tour abends zu Haus an und erfuhr, dass meine Eltern wenige Stunden vorher geflüchtet waren. Sie hatten den Druck nicht mehr ausgehalten, weil es sich täglich wiederholte: Die Kripo schwärmte morgens aus, und abends hörte man, wo sie an dem Tag waren und wen sie mitgenommen hatten.

Meine jüngste Schwester hatten die Eltern mitgenommen, die anderen Schwestern kamen alle nach Hause. Am nächsten Morgen kam dann die Kripo zu uns. Sie wollten natürlich wissen, wo unsere Eltern sich aufhalten. Es kam dann so, dass sie mich verhörten, weil ich die Älteste von uns Schwestern war.

Von mir konnten sie nichts für sie Interessantes erfahren, weil ich seit meinem 16. Lebensjahr in Berlin war und erst seit kurzer Zeit wieder zurück. Ich war damals 21 Jahre alt.

Nach dem Verhör versiegelten sie alle Räume, bis auf ein Schlafzimmer und die Küche für uns zur vorläufigen Nutzung. Am nächsten Tag kamen sie wieder, durchsuchten das haus und nahmen einige Dinge mit wie alte Filme u. ä.

Bald danach fuhren die jüngsten Schwestern zu unseren Eltern nach Westberlin, die beiden anderen zu ihren Ausbildungsstätten, und ich blieb im Haus, in dem mir ein Raum zugewiesen wurde. In die Wohnung meiner Eltern wurde eine Familie eingewiesen, die auch die Landwirtschaft, die mein Vater in dieser Zeit betrieb, übernehmen sollte.

Gleichzeitig wurde eine Inventaraufnahme im gesamten Haus von Mitarbeitern des Gemeindeamtes durchgeführt.

Nachdem die Aktion beendet war, wurde im damaligen „Rügener Hof“ eine Abschlussversammlung durchgeführt. Sie wurde von staatlichen Vertretern geleitet wie Kriminalbeamten und Bürgermeister.

Ich war auch dort. Es war deprimierend. Uns wurde gesagt, dass Wirtschaftsverbrecher das Handwerk gelegt sei (sinngemäß), und ein Tonband von einem Verhör abgespielt.

Dieses Tonband in der damaligen Qualität war besonders schrecklich, weil alles verzerrt und entstellt klang, von Leuten, die man gut kannte. – Niemand sagte etwas, alle hatten Angst. Am nächsten Tag ging ich noch einmal in diese Gaststätte, um zu sehen, ob ich Bekannte treffen würde. Ich traf einige an, und wir stellten fest, dass sehr viele der Göhrener verhaftet oder geflüchtet waren.

Inzwischen bewohnte eine Freundin mit mir gemeinsam mein Zimmer, und ich fuhr wieder täglich zur Arbeit. Eines Abends standen diese Freundin und mein damaliger Chef am Bahnhof und sagten mir, dass ich sofort Göhren verlassen müsste; sie hätten erfahren, dass am nächsten Morgen die Angehörigen der Verhafteten und Geflüchteten abtransportiert werden sollten, Richtung Polen. Die beiden halfen mir dann auch, dass ich sofort weg konnte aus Göhren.

Später erfuhr ich dann, dass tatsächlich morgens Leute kamen, um mich abzuholen. Allerdings ging der Transport nicht nach Polen, sondern in den Raum Potsdam/Brandenburg.

Nach dem 17. Juni 1953 änderten sich einige Dinge in der damaligen DDR. Die Verhafteten, die ihre Haftstrafen in Bützow verbüßten, wurden vorzeitig entlassen. Meine Eltern, inzwischen in Westdeutschland, nahmen über eine Anwalt Kontakt zu den zuständigen Behörden in der DDR auf. Nach längeren Verhandlungen wurde meinen Eltern die Rückgabe ihres Hauses zugesichert, wenn sie in die DDR zurückkehrten. Anfang des Jahres 1954 fuhren sie dann auch zurück und durften wieder ins Haus.

Allerdings möchte ich aus heutiger Sicht dazu bemerken, dass dieses Haus uninteressant für DDR-Organisationen war, weil es zu klein war und meine Eltern waren geflüchtet, bevor einer von ihnen verhaftet und verurteilt werden konnte.